Fehlendes globales Bewusstsein
Betrachtet man den Stress und die Ängste der Menschen, die Konflikte zwischen den Gesellschaften und die Misshandlung der Umwelt, so scheint es, dass die menschliche Fähigkeit, ein globales Kollektiv als Spezies geistig zu erfassen und sich dessen bewusst zu sein, nicht mit der Globalisierung der Welt Schritt gehalten hat. Fehlt es an einer Art von Mentalität (bzw. Bewusstsein) in dem Sinne, dass sich die Bevölkerungen in einen größeren Kontext wie die gesamte Menschheit einbinden?
Überwindung der engen Welt des Ichs
Es scheint schwierig zu sein, eine Brücke zwischen der individuellen und der kollektiven Ebene des Denkens zu schlagen. Das Gefühl der Verbundenheit ist jedoch ein wesentlicher Beitrag zu Gesundheit und Wohlbefinden. In der Tat deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass das psychische Wohlbefinden von der Einbindung in einen breiteren, sogar weithin anonymen sozialen Bereich abhängt, der mit einem Sinn für das Leben einhergeht. Carl Jung sprach von verschiedenen Teilen des Selbst, die über das "Ich"-Selbst hinausgehen, und dass diese integriert werden müssen, um ein harmonisches inneres Selbst zu vervollständigen. Die Kraft der Vorstellungskraft kann einen unflexiblen, egozentrischen Verstand überwinden. Die Vorstellungskraft wird auch benötigt, um sich zukünftige Ereignisse vorzustellen, was (neben dem Erinnern von Dingen aus der Vergangenheit) einen Teil der Fähigkeit darstellt, geistig "in der Zeit zu reisen". Wenn Menschen sich die Zukunft nicht vorstellen können, schwindet ihr Selbstwertgefühl und ihre wahrgenommene Handlungsfähigkeit.
Die soziale und zeitliche Dimension des Bewusstseins
Darüber hinaus ist es die Beziehung einer Person zur sozialen Welt und zur Zeit, die ihre Sinngebung bestimmen kann. Mit anderen Worten, es ist ein Kernkonstrukt von Überzeugungen in diesen Dimensionen, das eine sogenannte "Weltanschauung" bildet. Sinnstiftung auf der Ebene der Weltanschauung" und "mentale Schemata" sind geeignete verwandte Begriffe auf der kognitiven Ebene, um zu bestimmen, worüber man sich bewusst ist. Daher scheint das Bewusstsein mit solchen mentalen Schemata verbunden zu sein, da sie helfen zu verstehen, wie Menschen ihre sozio-zeitlichen Weltanschauungen selbst reflektieren.
Über die eigene Weltanschauung nachdenken
Weltanschauungen sind Arrangements von Überzeugungen, die dazu dienen, der eigenen Erfahrung der Realität einen Sinn zu geben. Aus kognitiver Sicht handelt es sich bei Weltanschauungen um "Denksysteme" mit komplexen Gedanken- und Überzeugungsmustern, die sich zu einem interaktiven Ganzen zusammenfügen. Überzeugungen sind mentale Konstellationen, die für Beziehungen zwischen Kategorien stehen, die bestimmen, wie man die Welt erlebt (d. h. wahrnimmt). So würden beispielsweise soziale Weltanschauungsschemata die Überzeugungen einer Person über die soziale Welt darstellen. Für den geistigen Aufbau einer Weltanschauung sind die Fähigkeiten des Lernens und der Vorstellungskraft, die allesamt Reflexion erfordern, unerlässlich. Und der Mensch denkt über das Kontinuum der Zeit nach, ein mentaler Prozess, der das Nachdenken über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft beinhaltet.
Sinnstiftung durch Bewusstsein über den eigenen sozio-zeitlichen Denkrahmen
Dementsprechend ergibt sich aus der Kombination des Denkens über soziale Beziehungen und Zeit eine sozio-temporale Matrix (siehe Abbildung 1), die als Rahmen verwendet werden kann, um Weltanschauungen zu identifizieren und zu visualisieren, und die die Erforschung psychologischer Auswirkungen im Zusammenhang mit der Sinngebung und dem Wohlbefinden einer Person auf der Grundlage ihres sozio-temporalen Bewusstseinsbereichs erleichtern kann.

Abbildung 1. Die sozio-zeitliche Matrix der Weltanschauungsschemata
Sozio-temporale Weltanschauungsschemata
Die neun Felder der Matrix können verwendet werden, um sozio-temporale mentale Schemata, d. h. den Umfang und die Konfiguration des Bewusstseins einer Person, zu erforschen. Es ist davon auszugehen, dass das Weltanschauungsschema einer Person aus einem bestimmten Satz von Matrixfeldern besteht, je nachdem, ob das Glaubenssystem einer Person bestimmte sozio-zeitliche mentale Zustände gegenüber anderen hervorhebt. So kann man zum Beispiel die auf andere bezogene Extra-Vergangenheit (z. B. die soziokulturelle Erziehung) betonen, sich in einer inter-gegenwärtigen, eher beziehungsdominierten Weise verhalten, während man sich jedoch auf eine selbstorientierte Intra-Zukunft konzentriert. Ein solches sozio-temporales mentales Weltanschauungsschema könnte mit spezifischen Bedeutungen verknüpft sein, wie z. B. einer unabhängigeren (d. h. durch die Intra-Vergangenheit anstelle einer Inter- oder Extra-Vergangenheit bezeichneten) und anders-orientierten (d. h. als Extra-Zukunft anstelle einer Inter- oder Intra-Zukunft dargestellten) kognitiven sozio-temporalen Weltanschauungspräferenz.
Ein Instrument zur Selbstreflexion
In diesem Sinne bietet die sozio-temporale Matrix ein Werkzeug bzw. eine mentale Landkarte zur Unterstützung der Navigation durch sozio-temporale Weltanschauungen, die wiederum den Umfang und die Konfiguration des eigenen Bewusstseins darstellen. Die Matrix hat sich als nützlich für die Selbstreflexion und die Förderung des Bewusstseins über sich selbst und andere erwiesen.
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